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Information über Schwangerschaftsabbruch weiterhin strafbar


Es gäbe wichtige Dinge im Gesundheitswesen zu ändern: die Behebung des zunehmenden Ärztemangels, nicht nur auf dem Land, die Regulierung der Notfallversorgung, die Abschaffung von Ärzteregressen, das Verbot von Pharma- und anderen Lobbyisten, den Bundestag zu betreten und für die Regierung Gesetze vorzuschreiben. Stattdessen verhindert (...) unser neuer Gesundheitsminister, Jens Spahn, die Abschaffung des Naziparagraphen 219a, der eine sachliche Information, wer erlaubte Abtreibung vornimmt, weiterhin unter Strafe stellt. Am Fall der Kollegin Kristina Hänel ist die Absurdität dieses Gesetzes doch allen vor Augen geführt worden. Ein einfacher Hinweis auf ihrer Homepage hatte zu einer Verurteilung geführt. Neben seinen Entgleisungen über Hartz IV ist das nun schon kurz nach Antritt als Bundesgesundheitsministers ein weiterer Bärendienst, den der ehemalige Pharmalobbyist Jens Spahn unserem Land erweist.

Nur zur Erinnerung: wir schreiben das Jahr 2018. Ich denke, die allermeisten von uns aufgeklärten Bürgern sind froh darüber, dass Frauen nicht mehr selber Hand anlegen müssen, wenn sie aufgrund einer Schwangerschaft in Notsituationen geraten und sich zum Beispiel mit Stricknadeln selbst verletzen, weil sie das Baby nicht bekommen können oder wollen. Und übrigens: Hier geht es um eine rechtlich erlaubte Abtreibung und lediglich um die Information in diesem Rahmen, wer diese gesetzeskonformen Abtreibungen vornimmt.Es geht nicht um eine Werbung für illegale Abtreibungen außerhalb des gesetzlichen Rahmens. Das ist ein großer Unterschied, der hier in Diskussionen häufig nicht herausgestellt wird.

Die Frage ist auch, ob die Verweigerung den §219a abzuschaffen, nicht einen deutlichen patriachalischen, rückwärtsgewandten Aspekt hat. Hier diskutieren und entscheiden Männer darüber, ob Frauen über erlaubte Abtreibung informiert werden dürfen. Männer sind davon nicht direkt betroffen. Ein Kollege in unserem Ärztekreis sagte vor wenigen Tagen: „Dann muss auch die Information über Vasektomie, die Sterilisation des Mannes, unter Strafe gestellt werden.“ Es ist übrigens noch gar nicht lange her, was viele vergessen, dass in Westdeutschland unverheirateten Paare keine Wohnung vermietet werden durfte, ohne sich strafbar zu machen.Der Paragraph 180 des Strafgesetzbuches wurde erst 1973 geändert. Frauen durften bis weit in die siebziger Jahre weder autofahren, noch eine Arbeit annehmen, ohne dass ihr Ehemann dies erlaubte. Erst 1977 wurde das Gesetz angepasst. Dass Homosexualität in Deutschland nicht mehr strafbar ist wurde erst 1994 aus dem Gesetz heraus genommen.

„Die Gesellschaft braucht, wie ein Auto, Gas, Bremse und Lenkung“, sagte mir vor circa 20 Jahren die inzwischen leider verstorbene damalige Präsidenten der DÄGfA, der Deutschen Ärzte-Gesellschaft für Akupunktur, Frau Walburg Marić-Oehler, bei der ich damals ein Praktikum machte. Das war im Rahmen einer Diskussion, in der ich mich aufregte, dass die Gesellschaft sich so langsam entwickelt. Sie war im Sinne der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) davon überzeugt, dass es auch bremsende Kräfte in der Gesellschaft geben muss und lenkende und nicht nur progressive, vorantreibende. In diesem Sinne können wir vielleicht Jens Spahn aktuell als Bremse verstehen. Wir hoffen, dass die lenkenden und gasgebenden Kräfte sich in Kürze auch wieder zeigen werden. Erst einmal sehe ich persönlich die Ankündigung von Jens Spahn und auch den Kollegen aus der SPD als Rückschritt und Rückfall in vormoderne Denkmuster.


Autor: Die Redaktion