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Wird der Hausarzt aussterben?


Trotz offensichtlichem und gravierendem Hausärztemangel wird in Deutschland der Nachwuchs während der Spezialisierung zum Facharzt für Allgemeinmedizin nur mit einem Hungerlohn bezahlt. Bis Ende September verhandeln Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Spitzenverbände der Krankenkassen über eine Erhöhung der Fördersumme für angehende Hausärzte, wie dies vom 111. Deutschen Ärztetag in Ulm im Mai dieses Jahres gefordert wurde. Dies könnte den Hausarztnachwuchs wieder zu diesem Beruf animieren oder ihn endgültig ins Ausland oder in andere Berufe vertreiben.

Seit Jahren ist es in der Presse: Es herrscht Hausarztmangel in Deutschland. In den nächsten Jahren werden schätzungsweise 40 000 Ärzte in den Ruhestand gehen, da wir eine gravierende Überalterung der Hausärzteschaft haben. Doch der Nachwuchs tröpfelt nur nach. Wie kommt das? Nach dem abgeschlossenen Studium der Medizin muss in Deutschland – länger als in anderen europäischen Staaten – eine Spezialisierungsphase zum Facharzt für Allgemeinmedizin von fünf Jahren durchlaufen werden. Doch es gibt keine Rotationen durch verschiedene Fachgebiete, wie sich das die Bevölkerung und auch viele Ärzte vorstellen. Die Organisation wird dem Zufall überlassen, was dazu führt, dass in der Realität meist nur Innere Medizin in der Klinik gelernt wird. Nach einer etwa dreijährigen Arbeit als Stationsarzt in der Inneren Medizin im Krankenhaus folgt eine zweijährige Mitarbeit bei einem anderen Hausarzt. Und hier steckt ein Hauptproblem: Da angemessene Gehälter nicht bezahlt werden können, wurde 1999 eine Förderung durch die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen beschlossen. Gedacht war das als Unterstützung der Fachärzte für Allgemeinmedizin, damit sie junge Kollegen wieder einstellen und diese von ihnen lernen.

Doch aufgrund von knappen Ressourcen wird zum größten Teil lediglich diese Fördersumme von 2040 Euro als Bruttogehalt ausbezahlt, so dass bei einem Alleinverdiener mit Kind eine Nettogehalt von knapp über Hartz IV entsteht. Im Unterschied zu anderen Berufen müssen hiervon jedoch noch Ärztekammerbeiträge, Berufshaftpflichtversicherung, Marburger Bund-Beitrag sowie teure Pflichtkurse mit Kursgebühren von teilweise 900 Euro bezahlt werden. Zu dieser Finanzierungslücke mit etwa dem halben Gehalt eines gleichkompetenten Krankenhausarztes in der Spezialisierungsphase zum Facharzt kommt eine fehlende Weiterbildung in den meisten Praxen hinzu. Erst in diesen Tagen wurde auf dem Kursus Weiterbildung Allgemeinmedizin in Bad Nauheim von mehreren angehenden Hausärzten berichtet, dass ihr Chef sich um sie gar nicht kümmere, er oft nicht einmal in der Praxis sei und sie ihn alleine vertreten müssten.

Dazu kommt eine eben nicht vorhandene Rotation durch Fachgebiete außerhalb der Inneren Medizin, wie Frauenheilkunde, Kinderheilkunde, Nervenheilkunde, Hautheilkunde, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Sowohl die Bevölkerung als auch die Ärzte selbst erwarten von einem Hausarzt Fähigkeiten in diesen Fächern. Doch aufgrund der Begrenzung der Förderdauer auf eine Minimalzeit von zwei Jahren, die für die Mitarbeit bei einem fertigen Hausarzt aufgebraucht werden, können weitere Kompetenzen in anderen Fachgebieten in den meisten Bundesländern nicht erworben werden. Stellen in den Kliniken in den sogenannten „kleinen Fächern“ gibt es nicht, da hier nur Ärzte eingestellt werden, die in den jeweiligen Gebieten ihren Facharzt machen wollen. Wen wundert es da, dass Ärzte in andere Länder auswandern, wo sie eine geregelte Weiterbildung zum Facharzt bei guter Betreuung und Wertschätzung erfahren und ein Gehalt erhalten, von dem sie in diesen Jahren leben können, ohne Schulden zu machen. Deshalb: Die Förderung für die Allgemeinmedizin muss auf Krankenhaustarifniveau angehoben und die Förderdauer auf 36 Monate verlängert werden, will man hier die unverkennbare Tendenz des Aussterbens der Hausärzte verhindern.


Autor: Forum Zukunft Allgemeinmedizin