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Sind Hausärzte überflüssig geworden?
Kinder gehören zum Kinderarzt. Frauen zum Frauenarzt. Wer was am Rücken hat, geht zum Orthopäden, wer was am Auge hat zum Augenarzt. Hausärzte sind damit eigentlich überflüssig geworden. Der Hausarzt hat zwar von allem ein bisschen, aber von keiner Sache so richtig Ahnung. Und ein Patient will schließlich nicht zu einem Doc, der von seinem Husten so ein bisschen Ahnung hat, sondern die bestmögliche Betreuung:
Also ab zum Lungenfacharzt, idealerweise zu einem mit Professorentitel. Und da will ich einen Termin und zwar heute, hier und jetzt! Wozu braucht man also noch einen Hausarzt? Der Hausarzt ist dumm, hat nichts richtiges gelernt und ist nur deshalb Hausarzt geworden, weil ihm die Weiterbildung zum Facharzt zu anstrengend war. Punkt.
So, und hier ist schon die erste Falschaussage:
Der Hausarzt ist nämlich auch ein Facharzt. Nämlich Facharzt für Allgemeinmedizin. Das heißt, er kennt sich mit allgemeiner Medizin aus. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern ganz ordentlich – und wenn er einmal nicht weiter weiß, dann kennt er seine Grenzen und überweist den Patienten zum entsprechenden Fach- Pardon, zum Gebietsarzt.
Bleiben wir beim Beispiel mit den Kindern. Die Kinderärzte wettern nämlich zur Zeit ganz besonders stark gegen die Allgemeinmediziner. Nur sie allein könnten nämlich Kinder behandeln, die Hausärzte seien viel zu dumm dazu. Die meisten Hausärzte, vor allem im ländlichen Bereich, sind sehr wohl in der Lage, Kinder zu behandeln - und da sie in der Regel auch deren Eltern behandeln und (im Gegensatz zu vielen - nicht allen - Kinderärzten auch Hausbesuche machen) kennen sie das häusliche Umfeld der Familie.
Es gibt also durchaus eine sinnvolle Arbeitsteilung: Zuerst zum Hausarzt - mit Husten, Schnupfen und Heiserkeit kommt der auch klar. Aber er sollte seine Grenzen kennen und die Kinder, die wirklich krank sind oder "bei denen es etwas komplizierter ist" zum Spezialisten schicken. So könnten die sich auf das konzentrieren, was wichtig ist und die Patienten müssen vielleicht etwas weniger warten.
Fast überall haben sich die Kinderärzte in den örtlichen KV-Notdienst eingeklinkt, das heißt, Kinder, welche nach 17 Uhr krank werden, werden eh überwiegend von Allgemeinmedizinern behandelt. Oder eben ins Krankenhaus gebracht. Es dürfte wohl kaum noch irgendwo einen Kinderarzt geben, welcher wirklich noch rund um die Uhr für seine Patienten erreichbar ist. Und auch rein pädiatrische Notdienste sind die absolute Ausnahme.
Und was den Lungenfacharzt betrifft: Wer das Pech hat, in einer ländlichen Gegend zu wohnen, dem kann es durchaus passieren, dass er zum nächstgelegenen Spezialisten seine dreißig Kilometer zurücklegen muss. Und dass man dort dann auf die Schnelle einen Termin kriegt, dürfte die Ausnahme sein. Der Hausarzt aber ist da. Ganz in der Nähe, auch auf dem Land. Und zwar auch nachts und am Wochenende. Und er kommt auch zu seinen Patienten nach Hause, wenn man zu krank ist, um in die Praxis zu gehen. Noch. Aber wenn die Politiker und diverse Lobbyisten so weitermachen, dann vielleicht bald nicht mehr...
Autor: medizynicus
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