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Pharmaunterwandert: Ärztekammer akkreditiert


Nicht zum ersten Mal habe ich es innerhalb eines Jahres erlebt, dass die Pharmaunternehmen in großem Stile auf Fortbildungsveranstaltungen vertreten waren. Auf dem Schmerzkongress in Frankfurt am Main beherrschte die Industrie das Bild in den Foyes über zwei Stockwerke, verteilte Essen und Getränke, Kulis, Werbebroschüren und Werbegeschenke. Die im Alltag so oft geschundenen Ärzte füllten sich dankbar die Taschen und die Bäuche, so als wäre das die gerechte und wohlverdiente Entschädigung für die Entbehrungen des Alltagsgeschäfts. Auch die Vorträge waren durchdrungen von Verkaufsstrategien. So wurde von mehreren Referenten mit Nachdruck versucht, den Eindruck zu vermitteln, stark wirksame Opioide der WHO-Stufe III, wie das klassische Morphium oder Fentanyl, die sowohl eine Bewusstseinstrübung als auch über eine Darmlähmung Verstopfung hervorrufen, sollten statt der leichten Schmerzmittel wie Diclofenac („Voltaren“) oder Paracetamol eingesetzt werden. WHO Stufe I und III sollten ausgetauscht werden. Argumente gegen die sogenannten Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) lassen sich seit dem Verbot von „Vioxx“ immer finden, doch waren sich mehrere Experten einig: Hier handelt es sich um eine Marktstrategie der Pharmaindustrie, wie auch damals der Feldzug gegen Vioxx selbst.


Nicht anderes auf dem Carl von Noorden-Kolloquium am 14. März 2009 über Diabetes und Herz. Auch hier Stände der Pharmaindustrie in den Vorräumen, Werbegeschenke, die über Kulis und Blöcke deutlich hinausgehen. Die Ärzte füllten sich die Beutel, bevor sie den Vortragssaal betraten, wie gewohnt. In den Vorträgen entstand der Eindruck, dass bestimmte Medikamente auf den Markt gedrückt werden sollten, die gerade im pharmaunabhängigen Arznei-Telegramm heftig kritisiert worden waren. Hier wurden sie von gleich mehreren Dozenten gelobt und gepriesen.


Und was macht die Landesärztekammer? Nichts. Sie vergibt Fortbildungspunkte für beide Veranstaltungen, behauptet von sich, nur pharmafreie Fortbildungsveranstaltungen zu akkreditieren. Auf Nachfrage wurde letztes Jahr geäußert, es werde kein Handlungsbedarf gesehen. Die Kammer als ärztliche Selbstverwaltung, die schon in der Facharztweiterbildung kein gutes Bild macht und über deren Absetzung gerade in der Bundespolitik verhandelt wird, macht sich zum Büttel der Pharmariesen und schaut weg, wo sie hinsehen und handeln sollte. Wo bleiben die integeren Ärzte? Bei diesen Zuständen vermisse ich sie auf den Straßen, vor den Ministerien. Doch die meisten deutschen Ärzte machen wieder was sie meistens machen: Sie laufen mit und schauen weg.


Autor: Dr. Großes Rad