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Ärzte in der Wahrnehmung der Bevölkerung


Sie fahren Porsche oder andere große Autos, spielen Golf, haben große Häuser mit Swimming Pool und tragen eine Rolex. Geld spielt keine Rolle. Wenn sie streiken oder sich beklagen so ist das immer Jammern auf hohem Niveau. Das ist das Zerrbild der Ärzteschaft, das in der Bevölkerung weit verbreitet ist, an das selbst gut informierte und gebildete Personen glauben, ohne sich zu fragen, ob das so stimmt.

Woher kommt diese Idee des reichen Arztes, der vor allen Dingen eines hat: Geld im Überfluss? Ein Grund sind sicher die goldenen Zeiten, die spätestens mit den Seehoferschen Reformen in den 1990iger Jahren und gedeckelten Budgets endeten. Die heute älteren Ärzte zehren von den Einkünften dieser Zeit noch heute, hatten damals ihre Praxen und Häuser weitgehend abbezahlt und ausreichend Reserven angesammelt. Heute sitzen sie in entscheidenden Gremien in den Ärztekammern, der Kassenärztlichen Vereinigung und verschiedenen Berufsverbänden und sorgen dafür, dass das Geld weiterhin zu ihren Gunsten umverteilt wird. Für junge Ärzte wird die Niederlassung dagegen beinahe unbezahlbar, die Einkünfte sind aufgrund vielfältiger Vorschriften und intransparenter Abrechnungssysteme nicht genau kalkulierbar, Rückzahlung von verschriebenen Medikamenten bei auch nur kleinen Fehlern in der Dokumentation kommen häufig vor. Ist die Krankenkasse der Meinung, man habe dieses Medikament nicht verschreiben müssen, sondern ein anderes so darf man es zurückzahlen. Allerdings oft erst nach zwei Jahren, so dass sich hier Summen von mehreren 10 000 Euro bis über 100 000 Euro ansammeln können. Planwirtschaft bei vollem wirtschaftlichen Risiko für den Arzt.

Ein anderer Grund ist sicherlich auch darin zu suchen, dass es besonders im letzten Jahrzehnt üblich wurde nach wissenschaftlichen Leitlinienein zu therapieren. Die „Eminenz based medicine“, die Medizin, die auf bekannten Persönlichkeiten in der Medizin basierte wurde und wird zunehmend durch die „Evidence based medicine“ ersetzt. Das ist prinzipiell ja eine gute Entwicklung, birgt aber auch die Gefahr, dass sich Interessensgruppen in die Leitlinienarbeit einmischen. So erlebte ich es selbst als Arzt, dass eine Pharmavertreterin damit prahlte, man habe es über Kontakte geschafft, das Medikament in den Leitlinien unterzubringen, so dass es jeder Arzt nun bei bestimmten Krankheiten verschreiben müsse. Im Konfliktfall können die Ärzte verklagt werden, falls sie von den Leitlinien abweichen. Die Gewinne der Pharmaindustrie sind auch in Zeiten der Finanzkrise überdurchschnittlich hoch. Im Fernsehbeitrag das Pharmakartell hat das ZDF jüngst auf die Machenschaften dieser Pharmafirmen aufmerksam gemacht (zu finden über die ZDF Mediathek bei Suche unter "Frontal 21, Das Pharmakartell)".

Zusätzlich tragen wohl auch Arztserien zu einem Arztbild bei das eher romantisch als realistisch ist. Dr. Brinkmann existierte in dieser Form – vielleicht etwas abgeschwächt – früher bestimmt mal. Heute ist die Realität sowohl in Krankenhäusern und Praxen anders: Es herrscht der Manchester-Kapitalismus vor. Mit dieser Realität sollten die Medien sich einmal ausgiebig auseinandersetzen. "Der neue Hippokrates" möchte sie hierbei unterstützen und Informationen zur Verfügung stellen. Nur mit einem klaren Blick auf die Realität können wir unser mehr und mehr ausverkauftes Gesundheitssystem retten und neu aufbauen.


Autor: Christian Haffner





Kommentare zu dieser News:

Datum: So 23 Aug 2009 10:16
Von: patientin


Ich denke, so ganz richtig liegen Sie nicht. Zumindesst ein paar Ergänzungen möchte ich anfügen.
Es ist doch gar nicht der "Reichtum" des Arztes, nein, ich stelle nur immer mehr fest, daß der Arzt mich als Patienten nur noch als Kunde wahr nimmt, nicht mehr als Mensch, der Hilfe sucht.
Und oft erlebt man als Patient eine erhebliche Arroganz und Ignoranz, wenn man wagt, auch noch als informierter Patient aufzutreten. Dann bekommt man zu hören, lesen Sie mal nicht so viel im Internet, das verstehen Sie sowieso nicht. "Der neue Hippokrates" sucht auch den Dialog mit dem Patienten, bitte hier ist er, auch wenn vielleicht nicht so angenehm.

Datum: So 23 Aug 2009 10:23
Von: Christian Haffner


Liebe "patientin". Sie sprechen einen wichtigen Aspekt an. Das Wahrnehmen des Patienten als Kunden kommt aber auch durch den Finanzdruck der Ärzte zustanden, die z.B. in Hessen 38 Euro pro Patient pro Quartal bekommen, egal wie oft der Patient in der Praxis erscheint oder Ärzte zu ihm zum Hausbesuch kommen. Das begünstigt es, dass die Ethik hierbei in den Hintergrund gerät und die Ärzte zu viel darauf achten, dass sie existieren können. Es ist schade, wenn manche Ärzte gegenüber dem informiertem Patienten nicht offen sind. Ich selbst nehme für mich in Anspruch, meinen Patienten zuzuhören und sie nach bestem Wissen und Gewissen zu behandeln. Arroganz und Ignoranz sind hier wirklich, wie Sie schreiben, fehl am Platz. Danke für Ihren wichtigen Kommentar.