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Bürokratismus schadet den Patienten
Heute habe ich als Arzt eine Patientin im Altenheim besucht, die sich im Januar dieses Jahres einen nun schlecht heilenden Bruch des unteren Oberschenkels zugezogen hat. Seidem liegt sie im Bett und kann nicht einmal selbst aufstehen. Ihr Ehemann ist im Februar gestorben. Als Therapie erhält sie dreimal die Woche Krankengymnastik sowie Schmerzmedikamente, auch eines gegen Schlafstörung und chronische Schmerzen, das man in höherer Dosierung als Antidepressivum verwendet: Amitriptylin. Eine Rehabilitationbehandlung habe ich für August eingeleitet. Soweit so gut.
Nun hat sie über die Krankenkasse eine Pflegestufe beantragt. Sie wurde in die Pflegestufe I eingeteilt und ihr aufgetragen, ein detailliertes Pflegetagebuch über eine Woche zu führen. Die Pflegestufe I ist nach dem §15 des Sozialgesetzbuches folgendermaßen definiert: "Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen."
Wäre ein Krankenkassen-Angestellter auch nur einmal vor Ort gewesen oder hätte mich als betreuenden Arzt mit einbezogen, dann wäre diese eklatante Fehleinschätzung nicht zustande gekommen. Die Pflegestufe II (Hilfe mindestens 3 mal täglich)wäre zum jetzigen Zeitpunkt als Minimum indiziert, wenn nicht gar die Pflegestufe III, bei der dem Gepflegten Hilfe rund um die Uhr zusteht. Jetzt kommt wieder ein unnötiger Papierkrieg auf alle zu.
Die Rehaklinik hat die depressive Verstimmung und das zur Schmerztherapie und Behandlung der Schlafstörung verschriebene Amitriptylin offensichtlich zum Anlaß genommen, einen 14-Seiten langen psychosomatischen Fragebogen an die damit vollkommen überforderte Patientin zuzusenden. Dort wird sie, 78 Jahre alt unter anderem zu dem Verhältnis zu ihren Eltern befragt.
Hier sehen wir meiner Meinung nach die Folge davon, was passiert, wenn Bürokraten und nicht Ärzte kranke Menschen beurteilen und damit Leistungen zuteilen. Der Patient leidet unter diesen Fehleinschätzungen, Kosten werden insgesamt wohl eher nicht gespart, schon gar nicht auf die lange Sicht. Hier ist dringend ein Umdenken notwendig.
Autor: Dr. Großes Rad
Kommentare zu dieser News:
Datum: Mi 17 Jun 2009 20:29 |
Von: chefarzt
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"Dringend umdenken", genau.
Bürokratie weniger - Pflege/Behandlung mehr. Gibt es eigentlich mal neue Formulare, die "kleiner" sind als deren Vorgänger? |
Datum: Do 16 Jul 2009 19:51 |
Von: Manuela
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Leider geht alles zu lange ,nur noch Bürokratie und keine Menschlichkeit mehr.
Wir, die Patienten sind in Not, weil wir im langen Prozess der so genannten Gesundheitsreform in Vergessenheit geraten sind.
Diese Reform hat nichts mehr mit kranken Menschen zu tun.
Wir, die Patienten sind zu Kunden geworden, die wie Ware behandelt werden. Wir wollen aber keine Kunden sein! Wir brauchen Therapien um gesund zu werden oder unseren Gesundheitszustand zu erhalten. Wir, die Kranken, brauchen vor allem verständnisvolle ärztliche Begleitung und Hilfen, ohne lange Wartezeiten oder immer wieder hoffen zu müssen, ein Rezept zu bekommen.
Wir wollen nicht als Ware behandelt werden, sondern als Menschen!!!!
Es ist so schon schwer genug zu ertragen, auf lebenswichtige Therapie zu hoffen oder darum betteln zu müssen!
Für uns Kranke ist es sehr schwer, ein einigermaßen normales Leben zu führen. Da brauchen wir nicht noch mehr Schwierigkeiten, die uns durch die neue Gesundheitsreform bereitet werden, durch, z.B. die Quartalspauschalen. Man läuft von einem Arzt zum nächsten, in der Hoffnung Medikamente und Therapien verschrieben
Man kommt sich vor wie ein Bittsteller der um Almosen bettelt! Es ist ebenfalls nur schwer zu ertragen, immer die Aussagen der Ärzte zu hören, der dem Patienten sagen muss: ? Hören siel zu, ich kann ihnen nichts mehr verschreiben, da ich mein Budget aufgebraucht habe und dann von den Krankenkassen bestraft werde.?.
Wir als Patienten können das ja aus Sicht der Ärzte verstehen, aber was wird aus Uns????
Was machen wir ohne die nötigen Arzneimittel und Therapien? |
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