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Wohin geht das Geld? Teil 3: Die MVZs


Letzte Nacht hatte ich einen Traum: ich war Angestellter in einem der neu geschaffenen Medizinischen Versorgungszentren (MVZs). Die Chefin, Frau Dr. M., hatte genug Kapital, um den Medizinmarkt unserer Stadt gehörig aufzumischen. Die Kassensitze der Kollegen aus der Umgebung fielen ihr in die Hände wie reife Birnen, keiner wollte sich mehr mit dem täglichen Ärger aus fallendem Regelleistungsvolumen, Regressen und überbordender Bürokratie mehr herumärgern und viele tauschten ihre Selbständigkeit gegen ein Anstellungsverhältnis bei Dr. M. Diese pflegte hervorragende Beziehungen zu ihrer kassenärztlichen Vereinigung und wenn es mal nicht lief, hatte sie eine Horde Rechtsanwälte an ihrer Seite. Sie führte eine extreme Zweiklassenmedizin ein: die Kassenpatienten mussten von ihren Ärzten im 7,5 Minuten Takt behandelt werden. Es sollten möglichst viele Ringüberweisungen innerhalb des MVZs oder in die Zweigpraxis gemacht werden. Für Hausbesuche hatten die angestellten Ärzte exakt 7,5 Minuten für die Autofahrt und 7,5 Minuten für den Patientenkontakt zur Verfügung. Ohne Rücksicht auf Verträglichkeit oder Resistenzentwicklung hatten ihre Ärzte die Anweisung, nur Breitbandantibiotika zu verordnen, damit „die Patienten auch bloß nicht wiederkämen“, denn nach einem Arztkontakt ist das Regelleistungsvolumen bereits ausgeschöpft. Kamen Patienten nun doch ein zweites Mal, so verpasste Ihnen Dr. M. ausnahmslos eine Psychodiagnose, denn so konnte sie den Zusatzzuschlag „Psychosomatische Grundversorgung“ kassieren. „Die haben sowieso alle einen an der Waffel“, so ihre lapidare Begründung. Privatpatienten wurden hingegen extrem hofiert. Kein Privatpatient dürfe die Praxis mit einer Rechnung von unter 1000 Euro verlassen, so ihre Devise, allen müsse ein Haufen an Vorsorgeleistungen aufgeschwatzt werden. Und bei den Vorsorgen fänden sich immer kontrollbedürftige Befunde, welche den Patienten wiederkommen ließen. Die Privatpatienten durchschauten dies zumeist nicht und freuten sich, „dass sich endlich mal jemand richtig um sie kümmerte“. Die Gewinne von Dr. M. waren enorm, wohingegen die noch verbliebenen Einzelpraxen am Existenzminimum herumkrebsten. Schweißgebadet wachte ich auf und war erleichtert, dass dies nur ein Traum gewesen war. Oder etwa nicht?


Autor: Dr. Heuteufel