Fortbildung von Pharma massiv unterwandert
Man kann nur staunen und die Stirn runzeln. Einmal über die Dreistigkeit der Pharmaindustrie, klar Produkt bezogene Fortbildung anzubieten und dann über die Kollegen Ärzte, die daran unkritisch teilnehmen und die Informationen wie Handelsvertreter auch noch umsetzen. Kaffeefahren wäre hier das richtigere Wort (...) statt Fortbildung, wie ein Arzt neulich dazu anmerkte. Und: Die Landesärztekammern zertifizieren entgegen den Berufsordnungen regelmäßig diese Veranstaltungen noch und vergeben Fortbildungspunkte.
Die Prüfung auf wissenschaftliche Relevanz der einzelnen Veranstaltungen kann schon wegen mangelnder Kriterien und personell völlig unzureichender Ausstattung nicht geleistet werden, schreibt ein Entscheidungsträger der Bayerischen Ärztekammer. Dies ist eine Kapitulation vor den Interessen der Pharmaindustrie und damit der Ärzte und der Patienten. Und es ist ohne transparentes Kenntlichmachen des Pharmasponsorings vor allem auch rechtswidrig.
Eindrucksvoll ist der Erfahrungsbericht eines Kollegen mit einer Fortbildung von Pri-Med, den wir in der Folge veröffentlichen. Ivabradin ist ein Medikament zur Herzfrequenzsenkung. Die Bewertung durch das Pharma unabhängige arzneitelegramm ist vernichtend.
Schon am Empfang ist es vorbei mit der Unabhängigkeit und Produktneutralität. Die auf der ausgegebenen Plastiktasche beworbenen Medikamente geben die Themen der Pseudo-Vorträge vor. Von den 5 Vorträgen war lediglich einer (!) industrieunabhängig.
Der traurige Höhepunkt des Tages waren die letzten beiden Vorträge, die eigentlich Koronare Herzkrankheit (KHK) und Herzinsuffizienz, bzw. Diabetes und Hypertonie betreffen sollten, aber reine Werbevorträge für Ibravadin und Perindopril/Indapamid waren.
Das Vorlesen der z.T. Originalfolien der Firma Servier wurde von den anwesenden Kollegen begeistert und kritiklos aufgenommen.
Die Entscheidung Mezis beizutreten traf ich dann, als Fragen zu Ivabradin gestellt werden durften. Wobei mich eigentlich die Frage mehr erschrak als die darauf folgende Antwort. Frage.: Bei den hervorragenden Ergebnissen (lt. dem Referenten Prof Schieffer aus Hannover ist Ivabradin ein Meilenstein wie die Betablocker und die ACE-Hemmer (Anm. d. Red.: Medikamente zur Blutdrucksenkung bzw. Herzfrequenzbehandlung), wäre da Ivabradin nicht auch zur Primärprävention bei Gesunden (!!!) mit mehreren Risikofaktoren indiziert? Antwort des Referenten: Ja! Die Primäprävention sei ein Stiefkind in Deutschland. Bei familiärer Anamnese, Rauchen, erhöhter Intima Media Dicke, sei eine Primärprophylaxe mit Ivabradin, Simvastatin und ASS indiziert. Dies sei natürlich ein off label use und nur seine persönliche Meinung.
Es erfolgte kein Widerspruch.
Ist das die Medizin und die Fortbildung, die wir wollen? Schreiben Sie uns Ihre Meinung!
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