Ausweitung von Regressen, neue Prüfungen, neue Namen_
Ärzte und Bevölkerung sollen beruhigt werden. Schon seit Jahren soll der Ärztenachwuchs zur Niederlassung in eigener Praxis bewegt und dem Ärztemangel entgegen gewirkt werden, in dem beharrlich behauptet wird, Regresse würden abgeschafft werden. Dabei handelt es sich um Privatrechnungen an die Ärzte nach 2-3 Jahren (...) nach der Verordnung von Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln, die teilweise existenzvernichtende Höhen von bis zu einigen hunderttausend Euro hatten. Grund: Überschreitung von schwer zu durchschauenden Budgets. Dann kam im Zuge um die Diskussion um den Landarztmangel eine kleine Revolution, eine einmalige „Beratung vor Regress“, in dem der Arzt vor einer Art Tribunal geladen wurde und streng belehrt und ermahnt wurde, dass es im nächsten Fall eine Regressforderung geben würde. Grenze beim 2. Mal dann 25 000 Euro Rückforderungen durch die Krankenkassen. Ab dem 3. Mal dann wieder nach oben offen.
Nun könnte man sagen und sagt dies auch: „Selbst schuld, dann pass doch besser auf mit Deinen Verordnungen.“ Doch die Regeln sind komplex, selbst für den alten Hasen kaum zu durchschauen und ändern sich ständig. So wurde den in Hessen niedergelassenen Ärzten am 16. Dezember 2016 ein Schreiben zugestellt, in dem informiert wurde, dass Cortison-Nasenspray bei allergischem Schnupfen ab dem 1.10.(!!) 2016 nicht mehr auf Kassenrezept verordnet werden darf und ansonsten zu Regressforderungen führe. Da war das Kind bereits in den Brunnen gefallen.
Nun werden zum 1.1.2017 die Regresse in „Nachforderungen“ umbenannt, so als wären sie damit abgeschafft. Gleichzeitig wird die sogenannte „Wirtschaftlichkeitsprüfung“, die zu den „Nachforderungen“ führt, aber ausgeweitet. In Zukunft dürfen die Ämter, also die Kassenärztlichen Vereinigungen, im Auftrag der Krankenkasse auch die Krankmeldungen der Ärzte überprüfen, wie auch Transportscheine für besonders kranke Patienten, Krankenhauseinweisungen, ob sie nötig waren, die Anzahl an Überweisungen an Spezialisten und vieles mehr.
Gleichzeitig soll das Rad zurück gedreht werden, und es droht die Abschaffung der "Beratung vor Regress" und der 25 000 Schwelle. Und es werden die Richtgrößen abgeschafft, an denen sich die Ärzte bisher orientiert haben, um einen Regress zu verhindern. Bisher war es zwar auch schon intransparent, aber man wusste, bei Überschreitung von mehr als 25% droht eine Prüfung mit gewaltigem bürokratischem und finanziellem Aufwand. Jetzt werden hier – offensichtlich aus Marketinggründen – die unliebsamen Richtgrößen abgeschafft. Statt dessen wird über viel schlechtere Durchschnittswerte geprüft. Ein kompetenter Kollege drückte das so aus: „Es ist so als wenn die Polizei alle Verkehrsschilder abmontiert, alle Autofahrer blitzt und allen, die mehr als 45% über der Durchschnittsgeschwindigkeit liegen, einen Strafzettel ausstellt.“
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