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Ein neues Bürokratiemonster für die Ärzteschaft


Als hätten die Ärzte nicht schon genug Bürokratie um die Ohren. Zeit, die von der Patientenversorgung abgeht. Auf der einen Seite jammerten die Politiker im Rahmen der Koalitionsverhandlungen gerade über zu wenig Sprechstundenzeiten und wollen sie auf lächerliche 25 h pro Woche pro Arzt (...) als Pflichtuntergrenze anheben. Die meisten Ärzte haben ihre Pforten viel länger geöffnet. Auf der anderen Seite wird den Ärzten immer mehr Verwaltungsarbeit aufgebürdet.

Das neuste ist die EU-Datenschutz-Grundverordnung, die ab dem 25.5.2018 scharf geschaltet wird.

Mein Hausarztkollege Peter Franz hat sich hiermit ausgiebig beschäftig. Seine Stellungnahme hören Sie jetzt:

Ab dem 25.5.2017 wird die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für Deutschland bindend. Diese
Verordnung ist eigentlich für und gegen internationale Großkonzerne und Datensammler wie amazon, Google und Facebook
konstruiert, aber für alle Menschen in der EU bindend.
In der DSGVO sind eine ganze Reihe von Pflichten für mit personenbezogenen Daten arbeitende Unternehmen enthalten.
Für Arztpraxen sind mit der DSGVO einige Regelungen relevant.
Der bisher ab 9 Mitarbeitern notwendige Datenschutzbeauftragte wird auch bei Praxen, die mit mehr als 5000 Datensätzen
arbeiten, Gemeinschaftspraxen und Praxisgemeinschaften verpflichtend. Dieser muss eine Datenschutz- Folgenabschätzung
durchführen und dokumentieren und sogenannte Verfahrensverzeichnisse zu führen.
Vor der Verarbeitung von Daten ist eine Aufklärung und Einwilligung verpflichtend, insbesondere zusätzlich wenn externe
Dienstleister (z.B. im Rahmen von Abrechnung, Wartung, Datensicherung) beteiligt sind. Grundsätzlich kann der Patient die
Datenverarbeitung verweigern und hat ein Recht auf Löschung seiner personenbezogenen Daten.
Anzuwenden ist das Prinzip der Datensparsamkeit und Datensicherheit, zu der neben regelmäßiger Datensicherung auch
die Absicherung des Praxis- Computersystems auf dem Stand der Technik nach außen und innen (Zugangskontrolle,
Firewall, Virenschutz, …) zählt. Bei Datenübertragung ist ebenfalls optimaler Schutz auf dem Stand der Technik Pflicht – Fax
und unverschlüsselte Email sind für Arztbriefe nicht mehr statthaft, stattdessen ist z.B. der eArztbrief eine Option.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Hohe Sanktionen (20 Millionen Euro Ordnungsstrafe) machen eine Beschäftigung mit dem Thema für alle Ärzte erforderlich.
Wie im Rahmen dieser Regelungen eine zentrale Datenspeicherung über eGK und Telematik eingebunden sein kann, bleibt
offen, ebenso, wie eine ärztliche Arbeit bei Ablehnung der Datenverarbeitung durch den Patienten möglich sein soll.
Ich halte es wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieses Themas für erforderlich, dass Ärztekammer, KV, Berufsverbände
und Arztnetze sich mit der DSGVO beschäftigen und rechtssichere Hilfestellungen für die Umsetzung der Regelungen
bereitstellen.

Soweit mein Kollege Peter Franz.

Der Laie könnte jetzt denken, „das ist doch eine gute Sache, dass die Arztpraxen jetzt mehr auf den Datenschutz achten müssen.“

In Wirklichkeit sind wir als Ärzte ja jetzt schon zu Datenschutz verpflichtet, alleine die Einhaltung der Schweigepflicht macht dies notwendig. Diese neue Verordnung führt aber dazu, dass sich die Ärzte auch gar nicht mehr alleine um Datensicherheit kümmern können, sondern IT-Experten und externe Datenschützer gegen teures Geld einkaufen müssen. Es wird zusätzlich zu dem Wahnsinn der bisherigen Bürokratie einer Arztpraxis nun noch weitere sogenannte „Verfahrensverzeichnisse“ geben. All das geht von der Zeit ab, in der sich die Ärzte mit der Versorgung ihren Patienten beschäftigen können.

Daher unterstützen wir den Aufruf zum Wohle von Patienten und Ärzten, dass nicht jeder einzelne Arzt hier das Rad neu erfinden muss, sondern sich die Ärztekammern, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Berufsverbände sich hier um die Umsetzung kümmern den Ärzten diesen Teil der Bürokratie abnehmen. Sonst wird es den jungen Ärzten noch schwerer vermittelbar werden, warum sie sich als Ärzte niederlassen sollten.


Autor: Christian Haffner