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Wir brauchen Ärzte mit Überblick!


Ja, wir brauchen Spezialisten Herr Lauterbach, da haben Sie schon recht. Ja, es ist auch richtig, dass diese gut bezahlt werden sollten. Was in der gesamten Diskussion jedoch vergessen wird, ist, dass wir auch Ärzte brauchen, die den Überblick behalten, Ärzte, die den gesamten Menschen und die komplexen Zusammenhänge noch verstehen. Wie sagte doch mal ein inzwischen emeritierter Gynäkologieprofessor: „Es ist komisch, immer wenn ein Eierstock zur Tür hereinkam, hing noch eine ganze Frau daran.“ Das wird heute in der Diskussion um ein auf immer engere Bereiche begrenzte Spezialisten vollkommen vergessen. Seit Descartes im 17. Jahrhundert den Menschen als „Uhrwerk“ betrachtete, also als eine eben sehr komplizierte Maschine, spalten wir den Menschen in seine Einzelteile. Es ist absolut kontraintuitiv das zu tun! Nicht umsonst wurde der Hausarzt, der Allgemeinmediziner geschaffen, der wie es im Fachdeutsch heißt, aus dem „unselektierten Patientengut“ heraussucht, wer genauere Untersuchungen von Spezialisten braucht und wer nicht. Ist er gut in seinem Fach, hat er eine gute Facharztweiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin genossen und bildet sich danach beständig weiter, so können viele Gänge zu auf Teilbereiche beschränkte Fachleute vermieden werden. Das erspart auch den Menschen einen hohen Grad an Frust. Unter uns Ärzten ist es bekannt, dass es keine gesunden Menschen gibt, sondern nur den nicht ausreichend durchdiagnostizierten Patienten. Jeder Facharzt findet irgendetwas bei einem Patienten, doch ob das das Hauptproblem ist, das es zu Lösen gilt, um den Heilauftrag des Patienten zu erfüllen, das ist noch lange nicht klar. Hier muss angesetzt werden, um wieder eine Zufriedenheit von Patienten und Ärzten zu erreichen und riesige Summen Geldes im Gesundheitssystem zu sparen.



Wie kommen wir dort wieder hin? Wir brauchen gut weitergebildete Fachärzte für Allgemeinmedizin, die im Rahmen von Rotationen, wie in anderen europäischen Staaten längst üblich – ein besonders gutes Beispiel sind die Niederlande – die einzelnen Fachgebiete im Überblick erlernen. Dann können sie später als Hausärzte oder wie es in vielen Ländern heißt, Familienärzte, fachkompetent entscheiden, was sie selbst leisten können und wen sie ganz gezielt zum Spezialisten schicken, um ein Gesamtbild zu erhalten. Doch der Familienarzt sollte hinterher derjenige sein, der die Informationen der verschiedenen Spezialisten zu einem Gesamtbild zusammenstellt. Der Spezialist hält quasi immer sein Ergebnis für das wichtigste; das sind die fachimmanenten Scheuklappen, die in eine Struktur einzubeziehen sind. Ich plädiere hier aus eigener Erfahrung und Beobachtung für eine Wiedereinführung der Filterfunktion der Fachärzte für Allgemeinmedizin als Hausärzte und Familienärzte. Hier muss jetzt schnell eine gute Weiterbildungsstruktur geschaffen werden, die die jetzige deutlich aufwertet und den jungen Ärzten den Weg zu einer möglichst hohen Fachkompetenz mit Einblick in alle wichtigen Fachdisziplinen ermöglicht. Hier sind Bundesgesundheitsministerium, Landesärztekammern, Hausärzteverbände, Marburger Bund und Kassenärztliche Vereinigung aufgerufen sich in den nächsten Monaten an einen Tisch zu setzen und im 4. Quartal des Jahres 2008 ein tragfähiges Konzept mit ausreichender Bezahlung und Fachrotation auf den Tisch zu legen, das zum 1.1.2009 starten kann.



Autor: Der Neue Hippokrates