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Offener Brief an die Entscheidungsträger


Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesgesundheitsministerium, in den Weiterbildungsabteilungen der Ärztekammern, den Ärzteparlamenten, den Kassenärztlichen Vereinigungen, Hausärzteverbänden und im Marburger Bund,



Wie stellen Sie sich das eigentlich vor, dass Hausärzte eine wichtige Rolle im Gesundheitssystem einnehmen sollen, wenn Sie nicht für eine gute Weiterbildung von uns jungen Ärzten sorgen? Sind Sie der Meinung, dass ein Facharzt für Allgemeinmedizin ausschließlich Fähigkeiten in der Inneren Medizin haben muss? Wie sieht es denn aus mit Kinderheilkunde, Urologie, Frauenheilkunde, Nervenheilkunde, Hautheilkunde, Orthopädie, Chirurgie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Psychosomatik, Psychiatrie? Wie soll ein „Allgemeinmediziner“ als Hausarzt und Familienarzt denn eine Filterfunktion einnehmen, den Überblick behalten, wenn er in diesen Fachgebieten gar nicht weitergebildet wird? Oder denken Sie, dass es ausreicht, die Möglichkeit in der Weiterbildungsordnung zu erlauben, aber die Umsetzung dem Zufall zu überlassen? Sie sehen doch, wohin das derzeit führt. Nach der neuen Weiterbildungsordnung der letzten Jahre werden wir jungen Ärzte auf dem Weg zum Hausarzt zum größten Teil lediglich in Innerer Medizin weitergebildet und arbeiten dann für zwei Jahre bei einem fertigen Hausarzt mit. Stellen in den erwähnten so wichtigen Fachgebieten gibt es nicht, trotz Förderung durch die deutsche Krankenhausgesellschaft. Die theoretisch mögliche Förderung von 24 Monaten in den meisten Bundesländern für eine Weiterbildung in den Praxen durch die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassen wird schon für diese Mitarbeit bei einem fertigen Allgemeinmediziner benötigt. Hier fehlt ein ganzes Jahr. Dazu ist die Bezahlung dermaßen miserabel, dass man teilweise knapp an der Hartz-IV-Grenze verdient, wenn man eine Familie mit einem Kind zu finanzieren hat. Das ist die Hälfte von einem Gehalt, das ein Krankenhausarzt als Basisgehalt ohne Dienste erhält. Wie wollen Sie da uns junge Ärzte dazu bekommen, Hausarzt zu werden?



Was uns auch noch abschreckt sind die Arbeitsbedingungen der fertigen Hausärzte, die dann bei fortgeführter schlechter Bezahlung daran gehindert werden, die Patienten gut zu versorgen. Bezahlen Sie doch endlich die so bitte nötige sprechende Medizin! Entlohnen Sie das, was die Menschen brauchen. Jeder Arzt lernt im Studium, dass Krankheiten zu 80-90% durch die Krankheitsgeschichte, die Anamnese bereits herausgefunden werden. Wie soll das möglich sein, wenn wir Patienten mit Begrüßung, Vortrag des Anliegens, Untersuchung, Dokumentation, Rezeptschreiben und auf wiedersehen sagen in 4-5 Minuten abfertigen müssen? Kalkulieren Sie mit 15 Minuten pro Patient im Schnitt! Bezahlen Sie uns dafür ausreichend. Reduzieren Sie die Verwaltung. 50% der Kosten für den ambulanten Sektor versickern in den Verwaltungsstrukturen, die Sie aufgebaut haben! 10% wären schon die Obergrenze. Kommen Sie weg von Ihrem Kontrollzwang und schaffen Sie Strukturen, mit denen wir als Ärzte und Patienten zufrieden sind, dass eine so über das Maß hinausgehende Kontrolle und damit auch Bürokratie erst gar nicht notwendig ist. Das ist jetzt Ihre Aufgabe als Repräsentanten von uns Ärzten und von uns als Volk. Beziehen Sie uns Praktiker in den Entscheidungsprozess mit ein, dass wir Sie beraten können und Ihre Entscheidungen von der Basis her mitgetragen werden. Dann haben Sie Aussicht aus der endlosen Kette von Gesundheitsreformen und Nachbesserungen der Nachbesserungen zu einem guten Gesundheitssystem zu kommen.



Autor: Der Neue Hippokrates