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"Der Beruf des Hausarztes wird wieder attraktiver"




Der neue Hippokrates: Warum wollen immer weniger junge Kollegen Hausärzte werden, Herr Dr. Mühlenfeld?


Dr. Mühlenfeld: Das hat aus meiner Sicht drei Hauptgründe: Zum einen ist durch die politischen und tatsächlichen Rahmenbedingungen die Arbeitssituation für Hausärzte durch das System der Kassenärztlichen Vereinigungen immer unattraktiver gemacht worden, so dass viele Kollegen hier keine Perspektive mehr sehen. Zum anderen das durch die Ärztekammern verursachte Hick-Hack bei den Weiterbildungsordnungen – zur Zeit sind drei verschiedene Weiterbildungsordnungen gültig. Zudem gibt es den „Arzt für Innere und Allgemeinmedizin“ nicht in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Wer soll das noch verstehen? Und zu guter letzt natürlich die Honorierung. Es ist schon makaber, wenn man sich entscheidet Hausarzt zu werden, wird man die letzten zwei Jahre seiner Weiterbildung schlechter bezahlt als in der Klinik. Als ob sich die Hausärzte schon mal daran gewöhnen sollen, dass sie später auch weniger Honorar erhalten werden.


Der neue Hippokrates: Was ist Ihrer Meinung nach notwendig, um den Beruf des Hausarztes für den medizinischen Nachwuchs wieder attraktiver zu machen?


Dr. Mühlenfeld: Im Wesentlichen müssen die drei oben genannten Probleme gelöst werden. Durch die Änderung des §73b, werden wir die Attraktivität des Hausarztberufes steigern können.


Der neue Hippokrates: Zur Erläuterung für unsere Leser: Im geänderten §73b des Sozialgesetzbuches V wird festgelegt, dass – und hier zitiere ich aus dem Gesetzestext: „Krankenkassen alleine oder in Kooperation bis zum 30.6. 2009 Verträge mit Gemeinschaften schließen müssen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten.“


Dr. Mühlenfeld: Das Bundesministerium für Gesundheit hat signalisiert, dass man bei der Weiterbildungsförderung auf unsere Ideen eingehen will. Bei den Weiterbildungsordnungen sehe ich allerdings keine Besserung. Solange wir keine eigene Bundeshausärztekammer haben, werden uns hier die Spezialisten immer unterbuttern.


Der neue Hippokrates: Es wird von verschiedenen Seiten die Meinung vertreten, dass sie vor allem ein Produkt berufspolitischer Machtspiele ist und die junge Ärztegeneration darunter zu leiden hat. Ich möchte hier nur an die hohe Anzahl an Duplex- oder Sonographieuntersuchungen erinnern, die gefordert werden. Sollte sich eine Weiterbildungsordnung für Allgemeinmedizin nicht vor allem daran orientieren was ein Hausarzt in der Praxis braucht?


Dr. Mühlenfeld: Da haben die „verschiedenen Seiten“ Recht. In der Tat ist die Weiterbildungsordnung ein Produkt des Kompromisses mit den Internisten. Das war allerdings anders nicht möglich - ich habe ja bereits auf die Verhältnisse in den Ärztekammern hingewiesen...


Der neue Hippokrates: ...Sie meinen das Übergewicht der spezialisierten Fachärzte gegenüber den Generalisten, das heißt, den Fachärzten für Allgemeinmedizin.


Was können wir konkret tun, um die jetzige Weiterbildungssituation zu ändern? Was raten Sie den jungen Ärzten, die Generalisten und nicht Spezialisten werden wollen?



Dr. Mühlenfeld: Wir müssen solidarisch und selbstbewusst sein. Also wir brauchen einen hohen Organisationsgrad im Hausärzteverband und in der DEGAM, der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Zudem kann ich allen zusichern, dass es besser wird. Denn der Paragraph 73b des Sozialgesetzbuches wird geändert, Baden-Württemberg ist mit guten Beispiel vorangegangen.


Der neue Hippokrates: ...In Baden-Württemberg hat der Hausärzteverband mit der AOK einen Vertrag ohne die Kassenärztliche Vereinigung abgeschlossen.


Der neue Hippokrates: Ist es nicht auch ein Problem, dass das Berufsbild des Hausarztes zur Zeit selbst vielen Kollegen nicht klar ist? Manche behaupten ja selbst als Allgemeinmediziner, sie verstünden vieles oberflächlich und nichts richtig. Was sind denn die Kernkompetenzen eines Hausarztes in Abgrenzung zum Spezialisten? Wohin führt der Weg?


Dr. Mühlenfeld: Auch da haben Sie Recht. Deswegen hat der Hausärzteverband bereits vor sechs Jahren damit angefangen, die Identität und das Selbstbewusstsein der Kollegen zu stärken, indem wir Fortbildung „von Hausärzten für Hausärzte“ fordern und fördern. Mit dem Institut für hausärztliche Fortbildung (IHF) nehmen wir unter den Grundsätzen „hausarztgerecht, produktneutral und evidenzbasiert“ einen aktiven Part im Fortbildungsmarkt ein. Über Fortbildungen können wir die Kollegen stärken und ein besseres Gruppenverständnis aufbauen. Ein anderer Bereich ist die DEGAM, die sicherlich sehr viel für die Gruppenidentität leisten kann. Ich würde sie als den wissenschaftlichen Unterbau der Hausarztmedizin bezeichnen. Leider sind nur sehr wenige Kollegen Mitglieder der DEGAM.


Der neue Hippokrates: Was wird Ihrer Meinung nach das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung“ in der aktuellen Form bewirken? Wird sich dadurch die Bezahlung in der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin nachhaltig ändern?


Dr. Mühlenfeld: Ich denke, dass die jetzige Gesetzesänderung dazu führen wird, dass der Beruf des Hausarztes wieder attraktiver wird. Allerdings wird das nicht ausreichen, zeitnah auch die Weiterbildung zu fördern. Dazu bedarf es weiterer Maßnahmen, wie zum Beispiel die Förderung durch eine zentrale Förderungsvergabe, wo die Weiterbildungsassistenten eventuell ihre gesamte Förderung im sogenannten Rucksack-Prinzip für die gesamte fünfjährige Weiterbildungszeit zugesagt bekommen und die Weiterbildungsstelle die Fördermittel dann jeweils abrufen können. Aber auch der Ausbau der Allgemeinmedizin an den Hochschulen muss gefördert werden. Es kann doch wirklich nicht angehen, dass immer noch weniger als die Hälfte der medizinischen Fakultäten keinen eigenen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin haben. Auch wäre es aus meiner Sicht wünschenswert, wenn mittelfristig die Weiterbildung besser strukturiert werden würde. In den Niederlanden zum Beispiel sind die Weiterbildungsassistenten an einem Tag in der Woche zentral an der Uni um gewisse Lerninhalte strukturiert vermittelt zu bekommen. Letztlich würde ich es begrüßen, wenn dass von mir aufgebaute Mentoring-System fest etabliert würde. Dies wäre sicherlich eine einfache und effektive Methode, die Ärzte in der Weiterbildung zu fördern.


Autor: Der Neue Hippokrates