W E R B U N G
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Vom Umgang mit Patienten


Vor zwei Jahren musste ich wegen einem akuten Bandscheibenvorfall ins Krankenhaus. Ich hatte die typischen Schmerzen, die ins Bein ausstrahlten aber weder Lähmungen noch Taubheitsgefühl. Da die Schmerztherapie nicht ausgereicht hatte wurde ich stationär auf der Neurologie aufgenommen. Die Zimmer der Klinik waren belegt, so dass ich zuerst für einige Stunden ein Bett auf dem Flur bekam, was aber nicht schlimm war. Die Zweierzimmer waren schön, ich hatte eine nette junge Dame mit Verdacht auf Multiple Sklerose neben mir mit der ich mich gut verstand. So fühle ich mich am Anfang gut aufgehoben.


Dieses Gefühl änderte sich nach der ersten Oberarztvisite. Das Ärzteteam war extrem sachlich, laborähnlich und behandelte mich wie ein Objekt über das sie gerade redeten. Ich wurde gar nicht in das Gespräch mit einbezogen. Sie haben über meinen Fall gesprochen, als wenn es gar nicht um mich ginge. Schon zuvor war besprochen worden, dass ich eine Kernspintomographie bekommen sollte, um genau zu sehen was los ist. Doch es gab keinen schnellen Termin, erst in zwei Tagen. Deshalb wollte der Oberarzt jetzt eine Computertomographie der unteren Wirbelsäule machen, die mit einer hohen Strahlenbelastung einhergeht und – so habe ich mich erkundigt –bei jungen Frauen mit Kinderwunsch nur im absoluten Notfall gemacht werden sollte. Doch der Oberarzt setzte mich derart unter Druck und machte mir Angst. Er ließ in die Akte schreiben, dass er für alle bleibenden Schäden keine Verantwortung übernehme. Es wurde fachlich mit mir überhaupt nicht besprochen, gar nicht erklärt, warum das jetzt nötig sei. Druck durch Angst. Keine Zeit für ein Gespräch. Das hätte ich schon als das Minimum gesehen, dass ich hier richtig aufgeklärt werde. Aus Angst habe ich dann „ja“ gesagt. Zwei Tage später bekam ich dann auch die Kernspintomographie gemacht, und die Röntgenärztin war ebenfalls überrascht, weshalb bei meinen Symptomen und in meinem jungen Alter ein CT gemacht worden sei. Sie hielt das ebenfalls nicht für sinnvoll. Am Sonntag, dem Tag nach der Diagnose meines Bandscheibenvorfalls, hatte ich wieder Schmerzen und wollte einen Arzt sprechen, der lange nicht kam. Als ich gerade einmal auf Toilette war hämmerte es plötzlich lautstark an die Toilettentür. Ich dachte es würde brennen, es sei etwas Schlimmes passiert und öffnete fast nackt die Tür. Es war der Stationsarzt, der mit etwas mitteilen und meine Fragen beantworten wollte. Ich habe mich hier in meiner Privatsphäre verletzt gefühlt, sie wurde überhaupt nicht respektiert. Mein menschliches Bedürfnis nach Takt, Respekt wurde nicht berücksichtig, er hatte gar kein Einfühlungsvermögen.


Am selben Tag, also einem Sonntagnachmittag kam plötzlich ein Arzt in mein Zimmer hineingestürzt. Es war ein Neurochirurg, der mir kurz und knapp sagte, ich müsse operiert werden. Ich war sehr erschrocken, da mir zuvor immer gesagt worden war, nur Schmerztherapie und operieren würde man auf gar keinen Fall. Dass ein Neurochirurg am Sonntag zu mir kam interpretierte ich als Zeichen, dass es sehr, sehr schlimm um mich stehen würde. Mir kamen die Tränen, und ich bat mir etwas Bedenkzeit aus. Das wurde gleich so interpretiert, dass ich die Operation verweigern würde. In einem Gespräch mit meinem Mann hat der Arzt das dann auch so formuliert. Mein Bedürfnis, erst einmal darüber nachdenken so dürfen, wurde als schlechte Mitarbeit ausgelegt. Wieder wurde ich unter Druck gesetzt, ich würde große Nachteile bekommen, wenn ich mich nicht operieren lassen würde. Mein Mann und ich hatten dann klargestellt, dass wir einer Operation nicht ablehnend gegenüberstehen.


Am Folgetag, einem Montag, hatte ich dann einen Termin zu Fango und zu Wassergymnastik. Als ich zurückkam wurde dann gesagt, die Visite der Ärzte sei schon gewesen, aber ich sei nicht da gewesen. Niemand hat sich darum gekümmert, mir zu sagen, wie es weitergeht. Niemand konnte mir Auskunft geben. Am Folgetag kam ein Arzt und sagte mir, ich müsse nun doch nicht operiert werden, die Schmerztherapie könnte ich auch zu Hause machen, die Krankenkasse wurde das in der Klinik nicht mehr zahlen und ich müsse jetzt sofort die Klinik verlassen, weil das Bett gebraucht werden würde. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nur unter Schmerzen sitzen oder stehen und lag die meiste Zeit. Eine Liege wurde mir nicht zur Verfügung gestellt, niemand half mir, meine schweren Koffer zu tragen, ein Transport nach Hause, das 40 Kilometer entfernt lag, wurde mir nicht angeboten. Durch die Medikamente, starke Schmerzmittel und muskelentspannende Mittel, war ich sehr müde und in meiner Bewegung eingeschränkt. Da stand ich nun auf dem Flur mit Koffern. Der Chef meines Mannes hat ihn dann freigestellt um mich abzuholen. Ein netter Krankengymnast gab mir dann in den Therapieräumen die Möglichkeit, mich hinzulegen, bis mein Mann eintraf.


Insgesamt habe ich kein Problem mit der fachlichen aber doch sehr wohl mit der menschlichen Betreuung. Auch als mein Mann die Ärzte zur Rede stellte, wie sie mich in diesem Zustand ohne Hilfe und vorherige Erklärung so vor die Tür setzen könnten, gab es kein Verständnis. Die Ärzte verstanden das Problem überhaupt nicht.


Letztlich war es dann gut, dass ich nicht operiert wurde, denn der Bandscheibenvorfall heilte von selbst ab und mir geht es heute gut. Doch dieser Krankenhausaufenthalt bleibt mir aufgrund der Umstände noch in Erinnerung. Das Hin- und Her „operieren“-„nicht operieren“, nichts wird mitgeteilt und der Umgang der Ärzte mit mir zeigen, dass die Ärzte menschlich hier noch einiges lernen müssen. Es sollen Menschen und nicht Krankheiten behandelt werden. Mehr Respekt vor dem Patienten, Achtung der Privatsphäre und Aufklärung über das was passiert sind dringend notwendig.


Autor: intuitum