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Krankenhausessen eiskalt


Nachts wegen eines Infekts im Bürgerhospital Friedberg gelandet. Morgens um sieben wird das erste Frühstück gebracht. Messer und Löffel sind eiskalt, ebenso Butter, Brötchen, Brot, Käse und Marmelade. Mit Mühe das Brötchen mit Marmelade versehen und Toleranz mobilisiert: Na ja, kommt schon mal vor…

Am andern Morgen: Das Stückchen Butter ist noch härter und kälter als beim ersten Mal. Nicht schlimm, nehmen wir halt den Quark. Der aber ist metallisch fest. Würde man Butter und Quark an die Wand feuern, würde eher das Mauerwerk Dellen bekommen, als dass ihre Form sich veränderte. Das Innere des Brötchens ist noch ein Eisklumpen. Das Brot wirkt erstarrt, der Käse kalt und leblos. Ganz so extrem fallen die nächsten Lieferungen nicht aus. Doch es bleibt beim Cold Breakfast.

Das wiederum fügt sich ins Gesamtbild der Präsentation im Plastikbehälter ohne Teller und der Qualität des Essens: lieblos, geschmacklos, freudlos. Wie sich herausstellt, kommen die Mahlzeiten neuerdings aus einer für 14 Millionen Euro gebauten Bad Nauheimer Großküche, die sich hochtrabend „Gourmet-Werkstatt“ nennt und derzeit mit 3000 bis 4000 Essen sechs Krankenhäuser in der Region beliefert. Den Planungen nach sollen dort demnächst 13 000 Essen produziert werden. In der Werbung wird dabei das Herstellungsverfahren „Cook & Chill“ gerühmt, das heißt: kochen, runterkühlen und schließlich zu Ende garen. Wie es von der Geschäftsführung des Unternehmens heißt, seien die strengeren Hygienevorschriften, die mit dieser Methode besser eingehalten werden könnten, der Grund für die Neuerung. Mit einem gewissen Spareffekt, versteht sich.

Bei der Konfrontation mit dem Ergebnis des Fließbandessens kann der Patient nur eisig reagieren und schließlich vor Wut kochen. Und das gilt selbst für unkomplizierte Esser ohne besonders hohe Ansprüche. Gut, dass nicht wenige Patienten den schlimmsten Hunger mit dem Apfel und dem Stück Brot von daheim überbrücken können. Was aber ist mit den alten Menschen, die allein leben, die keine Nothelfer im Hintergrund haben? Wer geschwächt durch Operationen oder sonstige Leiden auf diese Kost angewiesen ist, der kann nur kränker statt gesund werden. Damit werden die vielfältigen Bemühungen von Ärzten, Schwestern und Pflegern, die zum Beispiel in Friedberg die Patienten engagiert betreuen, ad absurdum geführt. Ohne die Basis einer vernünftigen Ernährung arbeiten sie in ein Fass ohne Boden. Das kalte Frühstück von Friedberg aber ist nur ein Symbol für die Herzenskälte, mit der zum Teil im deutschen Gesundheitssystem mit Menschen umgegangen wird.


Autor: steffen haffner