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Blinddarmentzündung harmlos als Privatpatient


Es ist noch gar nicht so lange her, da dachte ich, man wird erst ernsthaft krank, wenn man in die älteren Jahre kommt. Nun, dem ist nicht immer so wie ich inzwischen feststellen musste. Und wie froh ich inzwischen bin ein Privatpatient sein zu dürfen, soll dieser Artikel klarstellen.

Es war vor gut zwei Jahren, dass ich mich entschloss, mich in meinem noch recht jungen Alter von 25 Jahren selbstständig zu machen. Nach meiner Ausbildung und nach einer Festanstellung wollte ich noch höher hinaus. Wollte mehr Geld verdienen als ein Angestellter im Betrieb. Diese Entscheidung gab mir zudem noch die Freiheit, mich künftig privat krankenversichern zu dürfen. Kaum war ich selbständig, war einer meiner ersten Schritte, mir eine Krankenversicherung zu suchen. Mein Entschluss war schnell gefasst, eine private Kasse sollte es sein. Warum ein Holzklassepatient sein, wenn ich für nur etwas mehr Geld im Monat beim Arzt künftig ein gern gesehener Patient bin?

Nun, es war kein Dreivierteiljahr später, und es hat mich doch tatsächlich zum ersten mal in meinem Leben etwas ernster erwischt. Der Magen drückte, als wäre eine Horde Kühe über mich gerannt. Erst noch ein Weilchen ausgeharrt, schließlich kann man es sich als Selbstständiger nicht leisten krank zu sein; bedeutet es doch, dass alle Kosten weiterlaufen, die Einnahmen jedoch ausfallen. Aber alles Ausharren hat nichts genutzt, und es wurde Stunde um Stunde immer schlechter. Es kam wie es kommen musste: Krankenwagen, Krankenhaus, röntgen und viele weitere Zwischenschritte bis die Diagnose eindeutig feststand - Blinddarmentzündung. Na ja, eigentlich nichts Wildes mehr in der heutigen Zeit denkt man - stimmt auch, vorausgesetzt, es wird rechtzeitig behandelt. Erst ein Durchbruch des Blinddarms ist kritisch, da das zu einer Bauchfellentzündung und zu einer Sepsis führen kann, welche sehr schmerzhaft und lebensbedrohlich ist. Dazu kam es glücklicherweise bei mir nicht. Ich kam ziemlich flott in die OP, der Blinddarm wurde rausgedoktort, und ich habe jeden Tag den Chefarzt beim Begutachten gesehen. Was ich dabei nicht vergessen habe war der erste Satz, den er mir sagte, als er mich das erste mal besuchte. "Ja, gut, dass wir ihn gleich rausoperiert haben, der war schon kurz vorm Durchbruch. Spätestens in der Nacht wäre es passiert." „Jau, noch mal Glück gehabt“, dachte ich mir. Ich habe innerlich drei Kreuze geschlagen und war froh, dass die OP nun hinter mir lag. Damit wusste ich, es kann jetzt mit jedem Tag nur besser werden.

Kaum einen Tag später besuchte mich auch schon mein großer Bruder im Krankenhaus. Er studierte zu dem Zeitpunkt noch Medizin und hatte wenige Minuten vorher im Gang einen Kommilitonen getroffen, der im Krankenhaus tätig war. Die beiden plauderten noch einen kurzen Moment miteinander. Dabei sagte der Kommilitone meinem Bruder, dass ich, wenn ich kein Privatpatient gewesen wäre, erst am kommenden Tag operiert worden wäre. Diese Info gab mir mein Bruder natürlich direkt weiter, woraufhin ich stutze und mir nur dachte, „na klasse“. Ab diesem Moment wusste ich, dass ich nur vor dem Blinddarmdurchbruch operiert wurde, weil ich ein Privatpatient war...

Nun ja, einerseits war man natürlich froh dass es noch rechtzeitig passiert ist, dennoch ist es nur eine zweischneidige Freude. Wäre der Blinddarm ein Dreivierteljahr vorher entzündet gewesen, hätte die Sache ganz anders ausgehen können, da ich zu diesem Zeitpunkt noch ein Kassenpatient war durch mein Angestelltendasein. Bei einem Durchbruch sind vier Wochen Aufenthalt keine Seltenheit. So habe ich nur eine Woche im Krankenhaus ausharren müssen. Und wer eins und eins zusammenrechnet, kann sich gut denken, dass man nach vier Wochen Krankenhausaufenthalt als Kassenpatient sicherlich genauso viel Geld dagelassen hat wie ein Privatpatient innerhalb einer einzigen Woche. Ein Schelm wer Böses dabei denkt…

In jeder Hinsicht gab mir dieses Ereignis doch sehr zu denken. Nur weil ich als Selbstständiger ein Privatpatient sein darf, hab ich mehr Glück im Unglück als vielleicht jemand der nicht selbstständig ist, aber gegebenenfalls sogar mehr in die gesetzliche Krankenkasse einzahlt? Normal würde es auch kein Krankenhaus an die große Glocke hängen, dass sie Privatpatienten bevorzugen, weil sie bei diesen wirtschaftlicher arbeiten können. Erfahren habe ich es eben durch Vitamin B – also durch indirekte Beziehungen, dass sie es in meinem konkreten Fall wirklich getan haben. Das Fazit, das ich daraus ziehe, kann meines Erachtens nur eines sein; in unserer Gesundheitspolitik stimmt etwas ganz gewaltig nicht, wenn ein Privatpatient ein Vielfaches von dem Wert ist wie ein Kassenpatient. „All men are equal, but some are more equal”, heißt es so schön.. Warum musste es denn bitte sehr soweit kommen, dass ich mehr Wert bin als es vielleicht meine Mutter ist, welche nur gesetzlich versichert ist, sie aber garantiert ein Vielfaches von dem monatlich bezahlt wie meinereins es tut? Und das Schlimme ist eigentlich, das man im Entferntesten die Ärzte sogar verstehen kann, denn auch ein Krankenhaus oder ein Doktor muss von dem Geld leben, das er einnimmt. Wenn er sich entscheiden kann, ob er einen Patienten behandelt, der 100€ einbringt oder drei Patienten behandelt, welche erst das gleiche einbringen und er noch 10€ kassieren und verwalten muss und diese Arbeit nicht einmal bezahlt bekommt, dann würde ich auch lieber den Privatpatienten nehmen. Warum schafft unsere Gesundheitspolitik es über Jahre hinweg nicht diesen Missstand auszubügeln? Es werden so viele Reformen unternommen, aber wirklich sinnvolle sind wohl nur seltenst dabei…

Lesen Sie hierzu auch den Leserbrief "Nicht nur Vorteile als Privatpatient"


Autor: Fozzybär