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Die Macht der Worte


Ärzte nach sechs Jahren Medizinstudium und häufig auch abgeschlossener Promotion werden im deutschsprachigen Raum „Assistenzärzte“ genannt, die in der „Ausbildung“ zum Facharzt sind. Dies suggeriert zwei Dinge: Es handelt sich nicht um richtige Ärzte, sondern um Assistenten von jemandem, und sie sind in der Ausbildung wie der Bäcker- oder Schreinergeselle, der nach dem Schulabschluss seine Lehre begonnen hat. So erzählte ein Kollege ein Erlebnis aus dem Praktischen Jahr, also dem letzten Studienjahr, in dem eine Assistenzärztin ein kleines Mädchen versorgte und ihr Bruder die Mutter mit ängstlichem Gesicht fragte: „Mama, was ist denn ein Assistenzarzt?“ Kollegen und mir passierte es schon öfter, dass Patienten fragten, ob wir Assistenten von Ärzten seien und wann der eigentliche Arzt komme. Die deutsche Krankenhaushierarchie entstammt der preussischen Militärordnung. Dass Ärzte in der Weiterbildung ihren Chef- oder Oberärzten assistieren ist maximal bei Operationen so. Im Stationsalltag ist es eher umgekehrt. Wenn ein angehender Facharzt Fragen hat, fragt er seine Vorgesetzten um Rat, da diese mehr Erfahrung haben. Als Supervisor besuchen diese bei den Chef- und Oberarztvisiten zusammen mit dem Stationsarzt die Patienten, korrigieren und optimieren die Therapie.

Im Krankenhausalltag wird tatsächlich häufig nur von „Assistenten“ und nicht von „Assistenzärzten“ gesprochen. Das macht es leichter, uns wie Diener zu behandeln, uns Privatpatienten für die Chefs versorgen zu lassen, ohne dafür entlohnt zu werden. Gott sei Dank sind die Zeiten vorbei, als die Ärzte in der Weiterbildung den Chefs am Wochenende zu Hause den Rasen gemäht oder andere private Aufgaben erledigt haben. Vielleicht sollten wir uns in Zeiten der Globalisierung einmal Gedanken machen, ob wir hier nicht, wie im Ausland längst üblich, neutrale Begriffe finden sollten. In Großbritannien heißt dieser Status Anfangs „Junior house officer“ und später „Senior house officer“, im amerikanischen English „Resident“, im Spanischen „residente“, in Österreich „Turnusärzte“, in Frankreich „interne“. Ich denke, es ist Zeit, sich von dem diskriminierenden Begriff des „Assistenzarztes“ zu lösen und hier gemeinsam nach einem neuen Begriff zu suchen. Schreiben Sie uns Ihre Vorschläge an: der-neue-hippokrates@gmx.de oder diskutieren Sie diese Frage in unseren Foren oder senden Sie uns Ihren Beitrag über www.der-neue-hippokrates.com


Lesen Sie hierzu auch den Leserbrief unseres Benutzers "AiW"

Hinweis: Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Marburger Bund Zeitung, in der der Artikel als Leserbrief in der Ausgabe vom 10. Oktober 2008 erschienen ist.



Autor: Der Neue Hippokrates